Jump to content

Der ultimative 311te Dummlaber Fred


Gast Tanni

Recommended Posts

Drumherumgerede Lyrics

 

Nach Dr. Franz Josef Degenhardt

NA
was sagen sie denn jetzt 
der wind hat sich gedreht im lande 
mit einem paukenschlag der WÄHLER
und damit hätten sie wohl nicht gerechnet 
wie
dass das die ganze zeit so weiterlaufen würde 
haben sie doch geglaubt 
so langsam in den SOZIALISMUS schlittern 
und wir
wir stehn daneben und sehen einfach zu dabei 
und hören uns das an das


DRUMHERUMGEREDE 
DRUMHERUMGELABER
DRUMHERUMGEQUATSCHE 


Da haben sie sich die ganze mühe all die jahre durch gemacht 
nach dem ZUSAMMENBRUCH fing das schon an 
mit ENTNAZIFIZIERUNG 
die bescheinigung darüber hab ich heute noch 
die hängt auf meiner vorstandstoilette unter glas
der aufsichtsrat lacht jedesmal darüber tränen 
dann UMERZIEHUNG 
menschenskind
was haben sie sich dabei bloß gedacht 
besonders clever war das ja nun nicht 
zum beispiel ich
ich hab das drüben in den STAATEN absolviert 
und das war beste schulung 
zusammen übrigens mit einem mann von ihnen
der sitzt mir bei TARIFVERHANDLUNGEN am tische heute gegenüber
na jedenfalls
daß ohne uns nichts läuft habt ihr ja ziemlich schnell kapiert 
trotz allem


DRUMHERUMGEREDE 
DRUMHERUMGELABER 
DRUMHERUMGEQUATSCHE

daß wir so falsch gar nicht gelegen hatten
DAMALS
in den tausend jahren 
habt ihr ja ziemlich schnell gespürt im KALTEN KRIEG
da hattet ihr ganz schönes muffensausen, wie
aber die neue WEHRMACHT mußten WIR dann 
gegen eure geschlossene phalanx haben wir die durchgesetzt 
was hättet ihr denn ohne uns gemacht 
und dann in all den ruhigen fetten jahren 
mit SOZIALER SYMMETRIE und PARTNERSCHAFT und pipapo
wer hat uns denn da vor SYSTEMVERÄNDERERN geschützt
aus euren eigenen reihen
WIR
NOTSTANDSGESETZE beispielsweise 
da haben sich viele doch von euch gedrückt 
obwohl ihr wußtet, daß es ohne das nicht ging 
trotz allem


DRUMHERUMGEREDE
DRUMHERUMGELABER
DRUMHERUMGEOUATSCHE

und WIR
wir mußten dann trotz allem noch den buhmann spielen 
unverbesserliche alte NAZIS, KRIEGSVERBRECHER
sowas mußten wir uns anhörn all die jahre
so
und damit ist nun endlich schluß
den laden schmeißen
aber bitte nur in sack und asche und im büßerhemd 
und jedesmal sich an die brust geschlagen 
bei AUSCHWITZ MAIDANEK und HOLOCAUST und pipapo
noch nie
hat sich ein VOLK in der GESCHICHTE so etwas geleistet
die eigene ELITE
so viele jahre durch den dreck zu ziehen 
nun gut
wir haben geschwiegen 
aber manchmal, kann ich ihnen sagen
da ist einem der kragen schon geplatzt bei diesem


DRUMHERUMGEREDE
DRUMHERUMGELABER
DRUMHERUMGEQUATSCHE 

was ihr aus UNSEREM LAND gemacht habt
UNSEREM DEUTSCHLAND 
das ist schon eine SAUEREI, gelinde ausgedrückt 
ich sag nur
OSTVERTRÄGE
die perspektive auf die unser volk bei strafe seines unterganges 
niemals verzichten darf 
habt ihr doch einfach weggedrückt 
die linie
CHEMNITZ KRAKAU KIEW
daran zu denken war doch schon verboten 
und seht euch eure jugend an 
von wegen
LEISTUNG WEITERKOMMEN NEUE GRENZEN
statt dessen händchenhalten schmusen nabelschau 
beim ersten KNALL da zittern denen doch die
MORSCHEN KNOCHEN
aber
der wind hat sich gedreht im lande mit einem paukenschlag der WÄHLER
und jetzt wird aufgeräumt bis zur jahrhundertwende sag ich ihnen
und darüber 
da ist nun endlich schluß mit diesem


DRUMHERUMGEREDE 
DRUMHERUMGELABER
DRUMHERUMGEOUATSCHE 

NA
und was meint ihr dazu das publikum 
DRAUSSEN im LANDE 
solle mer sie rinlasse mit paukenschlag
diesen BESORGTEN BÜRGER oder
machen wir jetzt endlich schluß mit diesem


DRUMHERUMGEREDE 
DRUMHERUMGELABER 
DRUMHERUMGEQUATSCHE?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der anachronistische Zug oder Freiheit, die sie meinen 

Dr. Franz Josef Degenhardt 
 
 
Der anachronistische Zug, oder Freiheit, die sie meinen

Diesmal wurd es Herbst im Land.
Über Smog und Glasbauwand 
flog das erste braune Laub, 
schmutzig, welk, und wurde Staub, 
als aus Tälern und von Höhen, 
wo die weiten Villen stehen, 
pomphaft zog ein bunter Zug, 
der ein breites Spruchband trug, 
darauf stand in steiler Schrift, 
schwarz, verwaschen und verwischt: 
Freiheit.

Vorneweg in Weihrauchschwaden 
Goldmonstranzen und Prälaten, 
Baldachin, Brokatgewänder, 
Oberhirten, Wahrheitsschänder, 
halsbekrauste Theologen, 
knochig, dürr und krummgelogen, 
Presbyter und Synodale, 
und die sangen im Chorale: 
wollest vor Revolutionen, 
Herr, uns allezeit verschonen. 
Freiheit.

Dann im Gleichschritt, 
Glied zu viere, hohe Nato-Offiziere, 
Eisenorden auf den Brüsten 
aus dem Raubkrieg der Faschisten. 
Folgten muskulöse Nacken, 
Herrn mit ausgebeulten Jacken, 
BND und CIA, und die riefen liberty, 
freedom, Freiheit überall, 
ungeteilt bis zum Ural. Freiheit.

Dann ein paar Verfassungsrichter, 
heimlich grinsende Gesichter. 
Über ihren roten Roben, 
hielten sie verkrampft erhoben 
Grundgesetze wie zum Hohn, 
hundertmal geändert schon: 
Aufrüstung, Gesinnungsstrafen 
bis zu Notstandsparagraphen. 
Greisenzittrig riefen sie: 
Freiheit und Demokratie. 
Freiheit.

Dann die Kultusbürokraten 
warfen Eier und Tomaten. 
Hinter ihnen Professoren, 
Ordinarien, Rektoren, 
vom Bund Freiheit der Wissenschaften, 
die ihre Talare rafften 
mit den money-geilen Händen. 
Sie skandierten wie Studenten: 
Haltet Wissenschaften frei 
von Marx und Mitbestimmerei. 
Freiheit.

Dann die Laien-Ideologen, 
bunt und lustig angezogen: 
Werbeleute, Intendanten, 
Redakteure, Obskuranten, 
die sich krumm prostituierten 
und für alle Herren schmierten, 
die Bestechungssummen boten. 
Die mit ihren feuchten Pfoten 
lobten laut das freie Wort, 
hochbezahlt an jedem Ort. 
Freiheit.

Na, und schließlich ganz zum Schlusse 
fuhr die große Staatskarosse 
mit Ministern undsoweiter,
und die waren ziemlich heiter, 
schwenkten ihre steifen Hüte. 
Wir sind jetzt die neue Mitte, 
riefen sie, es ist gelungen, 
und das Band ist fest geschlungen 
um Arbeit und Kapital. 
Das kommt von der freien Wahl. 
Freiheit.

Und vorbei an der Tribüne 
zog der Zug an der Tribüne. 
Und da saßen ein paar Herrn, 
Leiter von ein paar Konzern. 
Und das waren kluge Kenner, 
klardenkende, ernste Männer, 
die Millionen dirigierten, 
und die auch mit Weitsicht führten. 
Machten keine Sprüche mit. 
Freiheit hieß für die Profit. 
Freiheit.

Saßen da mit ernsten Mienen. 
Und dann sprach einer von ihnen: 
Meine Herren, auf die Dauer 
sind doch das nur noch Kalauer. 
So was überzeugt nicht lang mehr, 
dieses Stimmvieh, genannt Wähler,
brauchen was aus einem Guß: 
diesen Dingsbums - Sozialismus 
mit dem menschlichen Gesicht, 
meine Herrn, sonst läuft das nicht 
mehr länger mit der 
Freiheit.

Ja, es wurde Herbst im Land. 
Über Smog und Glasbauwand 
flog das erste braune Laub 
schmutzig, welk und wurde Staub. 
In die Täler, auf die Höhen, 
wo die weiten Villen stehen, 
pomphaft zog der bunte Zug. 
Und der graue Herbstwind trug 
Stimmen über Feld und Wald, 
aber sie verwehten bald. 
Freiheit.
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Arbeitslosigkeit (Umdenken Mister - umdenken Mister)

 

Dr. Franz Josef Degenhardt 

 

ARBEITSLOSIGKEIT 
na und
wissen Sie aus diesem thema
müssen endlich mal die emotionen raus
schon der begriff
das klingt so muffig
ARBEITSLOS
das riecht nach klo und kappes
zeitweilig unbeschäftigt
sollte man das nennen
sehen sie das ganze doch mal
ohne vorurteile an
das soziale netz ist gut geknüpft
mit einem bruchteil von der unterstützung
die so einer kriegt
fühlt sich ein kuli in KALKUTTA
doch als krösus
und
die leute haben endlich auch mal ihre ruhe
dieses hasten ist vorbei
der leistungsdruck
am fließband diese kurzen arbeitstakte
hält doch auf die dauer niemand aus
und das verdummt ja schließlich auch
gerade ihr
die linken
habt doch immer darüber geklagt 
und die leute haben wieder zeit 
zu lesen 
gutes buch konzert theater 
bildung 
ist doch was für euch 
UMDENKEN mister UMDENKEN mister 
und zwar schnell 
und zwar radikal 

das problem 
darf man auch nicht so kleinkariert betrachten 
was geschieht denn da 
vor unser aller augen 
na 
die gesamte WIRTSCHAFT 
und zwar weltweit 
strukturiert sich um 
gigantisch ist das 
ein globales produktions- und einkaufszentrum 
ist da im entstehen 
eine WELTFABRIK 
zum beispiel hemden 
lassen wir in hongkong machen 
autos in brasilien 
und schwarze mädchen in südafrika 
verpacken aspirin 
die ganze erde wird ein supermarkt 
mit rock und pop und rumtata 
und alles unter einem DACH 
der alte menschheitstraum wird wahr 
die weltgemeinde 
grenzenlos 
ist doch was für sie 
rassen klassen länderschranken 
fallen 
satellitenfernsehn dringt in jede kleine hütte 
SAN FRANCISCO WLADIWOSTOK 
sehen gleichzeitig 
mick jagger 
oder bayern gegen sao paulo 
wohlstand unterm multinationalen stern 
das ist die vision jawohl 


UMDENKEN mister UMDENKEN mister 
und zwar schnell 
und zwar radikal 

sehen sie 
vor dieser vision 
vor dieser echten REVOLUTION 
wird alles übrige klein 
bedeutungslos 
und dafür muß man opfer bringen 
jeder 
egoistische interessen 
haben da mal hintenanzustehen 
sicher 
ungerechtigkeiten 
oder besser noch disparitäten 
wird's dabei natürlich geben 
wie bei jeder REVOLUTION 
damit muß man leben 
und da nützt kein lamentieren 
heulen 
händchenhalten 
wenn paar dinge oder leute auf der strecke bleiben 
das ist sowieso meist schrott 
brauchbar sind die MOBILEN 
die beweglichen 
zu beispiel 
wenns mal keine arbeit gibt 
bei KRUPP in ESSEN 
nun 
wird eben umgeschult 
oder besser noch 
dann zieht man dahin wo's ARBEIT gibt 
nach MÜNCHEN oder HAMBURG 
und vielleicht sogar 
nach RIO oder KAPSTADT 
fremde Länder 
abenteuer 
weg von mutterns ofen 
ja der ARBEITER 2010 
der wird wieder ein nomade sein 
mit sack und pack und campingwagen 
zieht er durch die welt 
ein freier mann 
für eine gute ARBEIT zieht er meilenweit 
UMDENKEN mister UMDENKEN mister 
und zwar schnell 
und zwar radikal 

ja 
und diese wirkliche echte 
und globale REVOLUTION 
die machen diesmal die 
die da was von verstehen 
und das sind die multis 
WELTKONZERNE 
internationales UNTERNEHMERTUM 
und nicht 
eure roten KOMMISSARE 
und GEWERKSCHAFTSBONZEN 
mit den sprüchen aus der mottenkiste 
von vor 100 jahren 
handel wandel 
und gewinne 
das sind die methoden 
keine ideologien mehr 
und so was 
RATIONALITÄT 
klar übern markt gesteuert 
produzenten und produkte 
die GEWINNE 
weisen aus 
was läuft und was verschwinden muß 
einfach ist das 
deutlich 
jeder muß das einsehn 
transparenz 
da haben sie doch immer von geschwärmt 
und klar geordnet 
systematisiert 
genormt 
PRODUKT UND PRODUZENTENSEITE 
Hüsken Tüsken eigenheiten 
hier ein päuschen da mal STREIKEN 
hier ne meinung 
da ne meinung 
jeder will was andres sein und haben 
biedermänner und gemütlichkeit 
und so was 
damit ist natürlich aus 
jawohl 
UMDENKEN mister UMDENKEN mister 
und zwar schnell 
und zwar radikal 

was wie bitte 
wenn die nicht so wollen 
meinen sie 
die PRODUZENTENSEITE 
wenn sie das nicht überzeugt 
und wenn sich das sogar 
zum STÖRPOTENTIAL 
auswachsen sollte 
so mit ARBEITSKAMPF 
und KLASSENKAMPF auch international 
und so 
na hören sie 
das wäre nicht gut 
da müßte man 
schon etwas POWER geben 
nun 
in jedem fall 
der erste schritt ist längst getan 
gigantisch und global 
das läuft 
die ganze erde 
grenzenlos 
und immer weiter 
niemand hält das auf 
und immer weiter marschieren bis alles 
in scherben . . .

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vatis Argumente (Ärmel aufkrempeln - zupacken - aufbauen)

 

Dr. Franz Josef Degenhardt 

also wenn vati loslegt 
dann bringt er so seine 
argumente 
zum beispiel fall Dutschke 
sagt vati 
möchte ich gern mal mit sprechen 
wirklich und wißt ihr 
was ICH ihm dann sagen würde 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
das ist ja alles ganz gut und schön 
aber kaputtschlagen 
kann jeder 
doch wie is denn mit 


ÄRMEL AUFKREMPELN ZUPACKEN AUFBAUEN 


ja vati scheut keine 
auseinandersetzungen 
und trotz allem 
hat er ein herz 
für die jungen leute 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
wissen sie was das hies 
studieren damals 
keine bücher kein brot kein bier 
ja 
da hatte keiner 
flausen im kopp 
die welt verbessern 
und so 
in alten kommißklamotten 
paarmal gewendet 
so sind wir rumgelaufen 
aber wir haben uns gewaschen 
und wenn's keine seife gab 
mit sand 
jawoll mit sand 
und von wegen asta 
mitbestimmung 
wissen sie was der gemacht hat 
gehamstert 
daß wir was zu essen hatten 
wir und die professoren 
und trotzdem 
wir waren auch richtige studenten 
haben 
zusammengehockt 
nächtelang 
die köpfe uns heiß geredet 
aber wir haben 
gelernt 
gelernt 
gelernt 
und nochmals 
gelernt 
und wir habens geschafft 
und warum 
weil wir haben gewußt 
was das heißt 


ÄRMEL AUFKRÄMPEL ZUPACKEN AUFBAUEN 


ja vati hat wirklich geschuftet 
von nichts kommt nichts 
das ist sein wahlspruch 
und immer sauber bleiben 
das lohnt sich 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
und heute 
die jungen leute 
jammern und wehgeschrei 
paßt dies nicht 
paßt das nicht 
orgasmusschwierigkeiten 
wenn ich sowas schon höre 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
nun hören sie mal gut zu 
was sie hier sehen 
ringsherum 
das haben WIR WIR ihre väter 
die sie würstchen nennen 
WIR haben das hingestellt 
und darum verstehen sie 
darum 
lassen wir von euch nicht sagen 
wie wir zu leben haben 
sie ihr alle 
streckt doch eure beine unter unter unsern tisch 
wer kann das denn heute noch 
macht das doch erstmal nach 


ÄRMEL AUFKRÄMPELN ZUPACKEN AUFBAUEN 


also was vati 
nun gar nicht mag 
das sind die klugscheißer 
und intellektuellen 
aber gute rasse 
erkennt er sofort 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
ich mach ihnen einen Vorschlag 
ich weiß 
sie sind aus andrem holz geschnitzt 
als die meisten der jungen leute 
sie machen sich 
ihre gedanken 
treten für ihre sache ein 
und in vielem haben sie sogar recht 
mir paßt hier auch manches nicht 
das können sie mir glauben 
als ich so alt war wie sie 
ich habe mir auch nichts gefallen lassen 
hatte immer krach 
mit dem fähnleinführer 
dem spieß 
um ein haar und 
ich wäre bei der strafkompanie gelandet 
aber bei aller aufsässigkeit 
wenn not am mann war 
da hieß es doch 


ÄRMEL AUFKRÄMPELN ZUPACKEN AUFBAUEN 


also wie gesagt 
lieber Rudi Dutschke 
würde vati sagen 
ich mach ihnen einen vorschlag 
sie kommen zu mir 
in meinen betrieb 
personalabteilung 
und in einem jahr 
in einem jahr 
sind sie mein assistent meine rechte hand 
und dann 
steht ihnen alles offen 
na 
bin mal gespannt 
was er dann sagen wird 
euer Rudi Dutschke 
meint vati 
aber das andere ist ja bequemer 
alles kaputtschlagen 
würde vati sagen 
bloß nicht 


ÄRMEL AUFKRÄMPELN ZUPACKEN AUFBAUEN 

also wenn vati loslegt 
dann fragt man sich immer 
was ist der bloß immer so wütend 
hat er gemerkt 
daß ihn keiner mehr 
ernst nimmt

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ENTSCHULDIGUNG EINES ALTEN SOZIALDEMOKRATEN 

Verteidigung eines Sozialdemokraten vor dem Fabriktor gegen ein Flugblatt
 
ich sag dir so geht das nicht
sagt der sozialdemokrat und spricht
 
natürlich kann ich auf eine drehbank steigen und loslegen
alle mal herhören von wegen sicherer arbeitsplatz und was übrig bleibt wenn die raten bezahlt sind
oder zum beispiel akkord aber angenommen sogar ich bin franz beckenbauer
die hören doch gar nicht hin die schreien doch halt den hals
 
ich sag dir so geht das nicht
sagt der sozialdemokrat und spricht
 
paß auf im theater bei euch na meinetwegen
aber stell dir mal vor bundesliga endspiel borussia / eintracht
so fünf minuten nach der halbzeit kommen paar von euch auf den platz
rote fahnen und so und brüllen schluß mit dem quatsch jetzt wird diskutiert
was meinst du was da passiert
hier euer flugblatt wischen die sich den arsch mit ab
 
ich sag dir so geht das nicht sagt
der sozialdemokrat und spricht
 
paß auf das mußt du auch mal vergleichen
was hat er früher gehabt was hat er heute
sieh mal wir waren sieben zu hause
zwei zimmer immer kohldampf geschoben
und heute guck dir das doch mal an
wohnzimmer teppich couch sessel
alles was du willst auto sogar
die kinder arbeiten verdienen
und dann kommt ihr ARBEITER DU WIRST AUSGEBEUTET
DDR haue mir ab war doch viel schlimmer
 
ich sag dir so geht das nicht
sagt der sozialdemokrat und spricht
 
ja fünfundvierzig da hätten wir zuschlagen müssen
zack dann wären wir am drücker gewesen
so dann hätten die andern mal kommen sollen
dann hätten wir diesen staat gemacht
aber heute geht das nicht mehr
jetzt müssen wir zählen schritt für schritt für schritt
für schritt für schritt für schritt für schritt
 
sagt der alte ewige sozialdemokrat
und spricht und spricht und spricht
 
bloß ändern das will er nicht!
 
(Dr. Franz-Josef Degenhardt)
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Befragung eines Kriegsdienstverweigerers 

 

Dr. Franz Josef Degenhardt 

 

Dies ist die Befragung eines Kriegsdienstverweigerers durch den liberalen und zuvorkommenden Kammervorsitzenden

in Anwesenheit eines Regierungsdirektors, SPD.

Solo des Kammervorsitzenden:

Also Sie berufen sich hier pausenlos auf's Grundgesetz.
Sagen Sie mal,
sind Sie eigentlich Kommunist?
Ja Sie dürfen sitzen bleiben
überhaupt wir sind hier ziemlich liberal.
Lange Haare, Bärte, Ketten, Ringe,
ha'm wir alles schon gehabt,
aber in die Akten scheißen mögen wir hier nicht.
Marx und Engels haben Sie gelesen sagen Sie uns.
Sagen Sie, verstehen Sie das denn?
Sie ha'm doch bloß die Volksschule besucht.
Na, nun regen Sie sich nicht gleich auf,
dafür können Sie ja nichts.
Lesen dürfen Sie ja was sie wollen - überhaupt

hier darf jeder machen was er will

im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.

Ja, Soldat sein das will heute keiner mehr.
Kann ich auch verstehen
und ich selber hätte keine Lust aber
Gründe haben müssen wir dafür.
Na, nun fangen Sie nicht wieder an
mit Imperialismus, den zwei Kriegen
und die alte Klasse ist noch immer an der Macht.
Und Sie wollen nicht für die
Kastanien aus dem Feuer holen,
das versteh'n wir ja.
Mag auch alles richtig sein,
interessiert uns aber nicht,
das ist nämlich Politik.
Hier interessieren nur Gewissensgründe.
Was das ist?
Hört sich zwar sehr grausam an,
trifft den Nagel aber auf den Kopf, nämlich
ob Sie töten können oder nicht.


Ja hier darf jeder machen was er will
im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.

Also fangen wir mal an!
in 'ner Kirche sind Sie nicht?
Auch nicht in 'ner anerkannten Sekte?
Sehen Sie, da wird's schon schwierig mit Gewissensgründen.
Einen haben wir 'mal hier gehabt
und der machte auf Buddhist.
War so'n Typ mit Glatze, aber
durchgekommen ist er. Schlaues Kerlchen!
Also passen Sie mal auf,
ich werd jetzt Ihr Gewissen prüfen.
Nehmen wir mal an, Sie geh'n spazieren,
mit Ihrer Freundin nachts im park.
Plötzlich
kommt 'ne Horde Russen
stockbesoffen und bewaffnet halt.
Sagen wir 'n Trupp Amerikaner,
schwer betrunken und bewaffnet nachts im Park,
machen sich an Ihre Freundin 'ran.
SIE haben 'ne MP dabei!
Na, was machen Sie?
Was sagen Sie uns da?
Sie verbitten sich dies Beispiel?
Meinetwegen, bitte schön,


hier darf jeder machen was er will
im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.

Schön die Russen und Amerikaner fallen also weg,
die Chinesen sicher auch
und mit Negern brauch' ich gar nicht erst zu kommen.
Lassen wir das eben.
Nehm' wir einfach ein paar ganz normale Kriminelle,
schwer betrunken und bewaffnet,
nachts im Park,
machen sich an Ihre Freundin 'ran.
SIE haben wieder die MP dabei.
Na, was machen Sie?
sagen Sie uns bloß jetzt nicht
Sie fallen auf die Knie und beten,
denn mit so 'was kommt hier keiner durch,
der Marx und Engels liest.
Was sagen Sie uns da?
ich red die ganze Zeit von Politik?
Das ist aber wirklich komisch,
bilde einen Fall
so richtig auf Sie zugeschnitten.
Baue Ihnen auch noch goldene Brücken.
Aber Sie, aber!


Hier darf jeder machen was er will
im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.

So nun woll'n wir aber wirklich wissen was Sie tun.
Also, noch mal.
Ein paar schwere Jungs
schwer bewaffnet und betrunken nachts im Park
machen sich an Ihre Freundin 'ran.
SIE haben wieder die MP dabei.
Na, was machen Sie?
Was sagen Sie uns da?
Sie wehren sich,
weil Sie ja in Notwehr sind?
Ätsch,
das ist aber falsch,
das durften Sie nicht sagen.
Richtig ist die Antwort, nämlich die,
ich werfe meine Waffe fort
und dann bitte ich die Herr'n
mit der Vergewaltigung doch bitte aufzuhör'n.
Was sagen Sie uns da?
Sie kämen als Soldat doch nie in eine solche Situation?
Fangen Sie schon wieder an?
Ist doch Politik!
Hat doch mit Gewissen nichts zu tun.
Ja Grundgesetz, ja Grundgesetz, ja Grundgesetz!
Sie berufen sich hier pausenlos aufs Grundgesetz.
Sagen sie mal,
sind sie eigentlich Kommunist? Na ja,


hier darf jeder machen was er will
im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

DEUTSCHER SONNTAG 

Sonntags in der kleinen Stadt
Sonntags in der kleinen Stadt –

Wenn die Spinne Langeweile
Fäden spinnt und ohne Eile
Giftig-grau die Wand hochkriecht –
Wenn's blank und frisch gebadet riecht
Dann bringt mich keiner auf die Straße
Und aus Angst und Ärger lasse
Ich mein rotes Barthaar steh'n
Und lass' den Tag vorübergehn
Hock' am Fenster, lese meine
Zeitung, decke Bein mit Beine
Seh', hör und rieche nebenbei
Das ganze Sonntagseinerlei!
Pampapam, pampampapam...


Da treten sie zum Kirchgang an
Familienleittiere voran –
Hütchen, Schühchen, Täschchen passend
Ihre Männer unterfassend
Die sie heimlich vorwärts schieben
Weil die gern zu Hause blieben!
Und dann kommen sie zurück
Mit dem gleichen bösen Blick
Hütchen, Schühchen, Täschchen passend
Ihre Männer unterfassend
Die sie heimlich heimwärts ziehn
Dass sie nicht in Kneipen fliehn!
Pampapam, pampampapam...

Wenn die Bratendüfte wehen
Jungfrau'n den Kaplan umstehen
Der so nette Witzchen macht
Und wenn es dann so harmlos lacht
Wenn auf allen Fensterbänken
Pudding dampft, und aus den Schänken
Schallt das Lied vom Wiesengrund
Und dass am Bach ein Birklein stund –
Alle Glocken läuten mit
Die ganze Stadt kriegt Appetit –
Das ist dann genau die Zeit
Da frier' ich vor Gemütlichkeit!
Pampapam, pampampapam...

Da hockt die ganze Stadt und mampft
Dass Bratenschweiß aus Fenstern dampft!
Durch die fette Stille dringen
Gaumenschnalzen, Schüsselklingen
Messer, die auf Knochen stoßen
Und das Blubbern dicker Soßen –
Hat nicht irgendwas geschrien?
Jetzt nicht aus dem Fenster seh'n
Wo auf Hausvorgärtenmauern
Ausgefranste Krähen lauern –
Was nur da geschrien hat?
Ich werd' so entsetzlich satt!
Pampapam, pampampapam...

Wenn Zigarrenwolken schweben
Aufgeblähte Nüstern beben
Aus Musiktruh'n Donauwellen
Plätschern, über Mägen quellen
Dann hat die Luft sich angestaut –
Die ganze Stadt hockt und verdaut!
Woher kam der laute Knall?
Brach ein Flugzeug durch den Schall?
Oder ob mit Mal die Stadt
Ihr Bäuerchen gelassen hat?
Die Luft riecht süß und säuerlich –
Ich glaube, ich erbreche mich!
Pampapam, pampampapam...

Dann geht's zu den Schlachtfeldstätten
Um im Geiste mitzutreten
Mitzuschießen, mitzustechen –
Sich für wochentags zu rächen
Um im Chor Worte zu röhren
Die beim Gottesdienst nur stören
Schinkenspeckgesichter lachen
Treuherzig, weil Knochen krachen
Werden. Ich verstopf' die Ohren
Meiner Kinder! Traumverloren
Hocken auf den Stadtparkbänken
Greise, die an Sedan denken!
Pampapam, pampampapam...

Und dann die Spaziergangstunde
Durch die Stadt, zweimal die Runde –
Hüte ziehen, spärlich nicken –
Wenn ein Chef kommt, tiefer bücken!
Achtung, dass die Sahneballen
Dann nicht in den Rinnstein rollen!
Kinder baumeln, ziehen Hände –
Man hat ihnen bunte, fremde
Fliegen - Beine ausgefetzt -
Sorgsam an den Hals gesetzt
Dass sie die Kinder beißen soll'n
Wenn sie zum Bahndamm fliehen woll'n!
Pampapam, pampampapam...

Wenn zur Ruh' die Glocken läuten
Kneipen nur ihr Licht vergeuden
Dann wird's in Couchecken beschaulich!
Das ist dann die Zeit, da trau ich
Mich hinaus, um nachzusehen
Ob die Sterne richtig stehen –
Abendstille überall! Bloß
Manchmal Lachen wie ein Windstoß
Über ein Mattscheibenspäßchen –
Jeder schlürft noch rasch ein Gläschen
Und stöhnt über seinen Bauch –
Und unsern kranken Nachbarn auch!
Pampapam, pampampapam...

 

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

PROGRESSIV, DYNAMISCH, MIT PHANTASIE - ABER SACHLICH 


Ja, Sie, mit Ihnen wollte ich eigentlich schon immer mal reden, hören Sie zu, meinen Sie nicht, Sie sollten jetzt endlich mal Schluss machen mit diesem linksradikalen Gedöns, sagt der aus Industriekreisen, enddreißig und
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH.
Er sagt: Was wollen Sie eigentlich noch?
Ihr habt doch ganz schön was erreicht,
die sind doch jetzt weg, die schwarz-braunen Reaktionäre.
Passen Sie auf, jetzt fluppt das, die neuen Leute sind gut,
linksliberal und weg mit den alten Zöpfen.
Ja, mein Lieber, jetzt kommen die 20er Jahre, die 30er.
was meinen Sie, was da los ist?
Da zählt nur noch Leistung, Leistung und nochmals Leistung!
Wir müssen den Anschluss kriegen und Sie, hören Sie zu, ihr wollt euch drücken, so die bequeme Tour!
Nee, mein Lieber, die Welt von morgen, die ist
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH.
Zum Beispiel sehen Sie sich Russland an, mein Lieber, was die allein produzieren an Wissenschaftlern,
was da gearbeitet wird, die Wachstumsraten, gucken Sie sich die mal an,
und auch die Jugend und Intellektuellen, von wegen: „ich will nicht, ich mach da nicht mit",
das fluppt da!
Und da ist Zukunft!
Aber Russland ist euch ja nicht links genug.
 

Hör'n Sie zu, ich sag' Ihnen was im Vertrauen:
Vergesellschaftung und Dingsbums . . .
Enteignung von Boden und Großbetrieben,
das kriegen wir bald auch hier, das geht nämlich gar nicht mehr anders.
Wir, ich meine die junge Garde der Industrie, wir sind überhaupt nicht dagegen.
Was meinen Sie denn?
Die alten Eigner, die FLICK'se und ABS'e, die halten den ganzen Laden doch bloß noch auf.
Überhaupt, die Herrschaft der Amateure wird abgeschafft
Schauen Sie mich an, für uns zählen keine Tabus mehr.
Privilegien können wir uns gar nicht mehr leisten.
Nee, mein Lieber, die junge Garde der Industrie ist
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH
Und Sie, hör'n Sie zu, Sie sind auf dem falschen Dampfer.
Die Zeit der Postkutschen, Barrikaden und Klassenkämpfe, die ist vorbei!
Und, was habt ihr denen denn schon zu bieten, wenn ihr mal am Drücker seid, hä?
Das ganz große Schweigen!
Wer von euch kann denn zum Beispiel einen Computer füttern?
Ihr Kelten!
Ihr wollt die Massen befreien?
Ha, Ha, Ha, Ha!
Von was denn?
Von Kühlschränken, Eigenheimen und Autos?
Nee, mein Lieber, die wissen Bescheid!
Die blasen euch einen!
Ihre Massen, die wollen geleitet werden und ihre Ruhe haben!
Und das bieten wir.
Die Industrie schafft ganze Armeen von Sozialpartnern und Verbrauchern, und im Übrigen kann jeder machen, was er grad' will!
Ihr, mein Lieber?
Im Jahre 2030 wird keiner mehr von euch sprechen.
Da gibt es vielleicht schon Riesenstädte ganz unter Wasser, da leben die Menschen in Riesenmuscheln, Kolonien auf Mars und Mond,
Auf zu den Sternen, Mensch!
Beeindruckt euch das denn gar nicht?
Das macht doch Spaß!
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH
Ja, grinsen Sie nur.
ich sag Ihnen was: die Biochemie, da ist die H-Bombe gar nichts, die wird uns alle verändern.
ja, grinsen Sie nur, mit China werden wir auch noch fertig!
Die sind gar nicht so blöd!
Gucken Sie sich mal unsere Außenbilanz an, mit China, heute schon,
wir steigen jetzt auf den Weltmarkt um.
Asien, Afrika, Lateinamerika, die wollen doch auch bloß leben, das sind Riesengebiete, das wird alles erschlossen und zwar
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH
Ja, das alles weiß der aus Industriekreisen, enddreißig.
Hören Sie zu, sagt der, meinen Sie nicht, Sie sollten jetzt endlich mal Schluss machen mit diesem linksradikalen Gedöns?
Nein, sag' ich, mein ich nicht!
Nämlich das fängt erst jetzt richtig an: eure Armeen beginnen zu meutern,
und ehe ihr Sie ins Meer schicken könnt, in eure Riesenmuscheln, und zu den Sternen mit
Biochemie und H-Bombe und ehe ihr alles erschlossen habt, werden Sie eurem Götzen, mit Namen Imperialismus, Stück für Stück, die Zehen abhacken, die Füße abhacken, die Hände abhacken, den Kopf abhacken - wie schon in Vietnam, in USA und bald auch hier und überall und zwar
PROGRESSIV DYNAMISCH MIT FANTASIE ABER SACHLICH

 

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Der Wildledermantelmann

Wildledermantelmann. Wildledermantelmann.
Elbseglerkappe und Haar knapp am Kragen, 
kein Gramm zuviel und Durchblickerbrille. 
Frankfurter Rundschau und Aktenkoffer, 
lächelt sozial-liberal und grüßt dich. 
Hallo, sagt er, Genosse, wie läuft‘s denn? 
Junge, wir sind in die Jahre gekommen. 
Floß auch viel Wasser den Fluß runter zu, 
und die Verhältnisse sind auch nicht so.
Na, sagst du, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl,
wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?

Wildledermantelmann. Wildledermantelmann,
sitzt auf der Bank am Fluß. Muß mal quatschen, 
sagt er, und zählt die Fische am Ufer. 
Ist am Berufsverbot knapp noch eben,
sagt er, mit Glück vorbeigekommen. 
Vorsichtig muß er weitertaktieren, 
kann nicht mal Unterschrift für Kollegen, 
kann nur so, sagt er, und zeigt mit der Hand 
´n Aal, wie er schlängelt im Fluß über Sand.
Na, sagst du, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl,
wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?

Wildledermantelmann. Wildledermantelmann.
redet von der Geduld und vom langen Marsch, 
vom Fortschritt der schleimigen Schnecken. 
Redet nicht von dem rasselnden Käfer 
in seinem Bauch, wenn Kollegen sagen:
Wahrlich, bist du nicht einer von denen? 
Hast du nicht damals dabeigestanden? 
Weil dich die Sprache noch immer verrät. 
Glaub nicht, sagt er, daß der Hahn dreimal kräht.
Na, sagst du, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl,
wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?

Wildledermantelmann, Wildledermantelmann.
spiegelverkehrt und ohne zu stottern 
liest er das Chile-Plakat beim Rasieren, 
sagt er, erzählt seine kurzen Geschichten:
Gruppendynamik und Selbsterfahrung. 
Zweierbeziehung noch aufarbeiten. 
das ganze Sozio-Psycho-Gelaber. 
Glaubt er eigentlich selbst nicht mehr dran. 
sagt er, sieht dich sozial-liberal an.
Na, sagst du, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl,
wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?

Wildledermantelmann, Wildledermantelmann.
läßt übern Fluß flache Steine hüpfen. 
Jeder wirft seine eigenen Steine. 
Ewig im Flusse fließen die Fluten, 
labert er diesen Anpasserunsinn.
Und ihr seid doch ne Strecke zusammen gelaufen, 
auch unter Polizeiknüppeln damals.
Also los, schmeiß ´n Wackerstein auf seinen rechten Fuß, 
daß er mal wenigstens Luft schnappen muß.
Und sag ihm, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl,
wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts.

Wildledermantelmann, Wildledermantelmann.
und gehört doch zu uns auch mit seinem Gelaber, 
und gehört doch zu uns auch mit seinen Angsten, 
und gehört doch zu uns auch mit seinen Geschichten,
und gehört doch zu uns auch mit seiner Erfahrung, 
der Wildledermantelmann,
der Wildledermantelmann.

 

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer

Skizzen aus dem Leben eines Hamburger Rechtsanwalts sowie anderer Ganoven und Typen und Huldigung an die politische Polizei K 14

Ziemlich besoffen, aber die Flasche, 
die aus der Kornsaat, hoch in der Hand, 
sing ich das Lied von Seemann und Hure, 
schlag ich das Wasser breit an die Wand. 
Das macht dir Herz und Gedanken frei. 
Und les ich in blau das Wort »Polizei«.

Aha, sage ich, Polizei.
Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.

Betrete ich singend die blaue Wache,
bin ich Hans Albers, sage ich: Hopp.
Entnehm ich dem erstbesten Bullen die Mütze,
setz sie auf meinen besoffenen Kopp.
Lehn am Ganoventresen so lässig bis schlapp
und sag zu den Bullen so von oben und knapp,

Na, sage ich, ihr Pisser.
Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.

Wache ich auf und liege am Boden, 
über mir hängt ein bekanntes Gesicht. 
Den Zeugen kenn ich aus vielen Prozessen. 
Der ständige Zeuge grinst so und spricht: 
Herr Rechtsanwalt sind aber böse gefallen, 
direkt auf den Kopf, hat uns gar nicht gefallen.

Das, sage ich, wirst du bezahlen.
Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.

Natürlich lernt man aus solchen Fehlern. 
Ich bin jetzt gelassen, auch vor Gericht. 
In das Geschwätz der Justizfunktionäre 
schreie ich nicht mehr, kotze ich nicht. 
Abwarten, zuschlagen nur, wenn man trifft.

Wir haben Zeit, die anderen nicht.
Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.

Schmutzig und schwer ist das Wasser im Hafen,
das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.
Übrigens, jenen ständigen Zeugen
gibt es seit kurzem in Hamburg nicht mehr.
Man sah, wie er mit einer Corvette den Hafen verließ
und schwamm nach Portugal ins Paradies,

ins Paradies aller ständigen Zeugen.
Das Wasser im Hafen ist schmutzig und schwer.
 
(Dr. Franz-Josef Degenhardt)
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bodo, genannt der Rote

Dies ist die Ballade von Bodo, genannt der Rote, Junge aus gutem Hause, der in die linke Bewegung eintrat, und was aus ihm geworden ist:

Ziemlich großer und heller Typ.
Geht bißchen schief, so mit Hahnentritt.
War schon im ersten Semester voll da.
Redet sehr schnell und denkt auch schnell mit.
Hatte immer paar Leute um sich,
sprachen wie er und gingen auch schief,
schleppten ihm Bücher, lasen für ihn.
Später nannte er das »Kollektiv«.
Ist von zu Hause nicht gerade arm.
Überschätzte das aber nie.
Und weil er zu Recht nicht zufrieden war,
wurd er von allen schon ziemlich früh
Bodo genannt, der Rote.

Dann brach der Sturm auf der Uni los. 
Bodo mit Bart spielte Megaphon. 
Straßenkampf machte sein Kollektiv. 
Er koordinierte am Telefon. 
Dann wars bloß ein Sturm im Wasserglas, 
und Bodo ging auf den Mao-Trip. 
Das heißt, er schickte sein Kollektiv 
für 'n paar Monate in 'nen Betrieb. 
Machte über das Ganze ein Buch
frech und mit Witz, aber sehr radikal. 
Allein der Arbeitgeberverband 
kaufte das Buch gleich fünftausendmal 
von Bodo, genannt der Rote.

Mädchen kamen und Bodo war high, 
Guru mit Stirnband, Hemd bis zum Knie. 
Zog in ein Haus mit dem Kollektiv, 
nannte das die »Bodo-Family«. 
Machten Musik und tanzten und bumsten, 
schluckten und fixten ziemlich herum. 
Bodo machte daraus dann den Film
»Drogenmißbrauch« fürs dritte Programm. 
Ging für ein Jahr in die USA 
als Friedrich-Ebert-Stipendiat. 
Als er zurückkam, wußte er viel, 
was man ihm auch angesehen hat, 
dem Bodo, genannt der Rote.

Schmiß sich sofort auf Basisarbeit 
in einem Obdachlosenasyl. 
Hatte wieder paar Typen dabei. 
Agitierten und soffen auch viel. 
Steckten zwei alte Baracken in Brand, 
paar Obdachlose kamen in' Knast. 
Die anderen fielen über sie her, 
erschlugen die Leute von Bodo fast.
Bodo nannte das »Praktikum 
für angewandte Soziologie.« 
Schrieb dann auch seine Doktorarbeit, 
Titel »Die Randgruppenstrategie« 
von Bodo, genannt der Rote.

So hatte Bodo in sehr kurzer Zeit
klargemacht, was er kann, was er ist:
Führungskraft mit viel Phantasie,
der Konflikte erkennt und auch löst.
Und so machte der Polizeipräsident
einer sozialdemokratischen Stadt
ihn zum persönlichen Assistent,
was Bodo dann auch befriedigt hat.
Und nun wäre ja ganz schön, wenn man singen könnt,
der war gestorben - oder anderswie.
Ist aber nicht. Der lebt heute noch,
dieses Anpassungsgenie,
als Offizier der Bourgoasie,
als Bodo, genannt der Rote.
 
(Dr. Franz-Josef Degenhardt)
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am ‎25‎.‎10‎.‎2017 um 19:38 schrieb joyboyhh:

Weltkrieg Nr. 1
(La guerre de 14 - 18)


Hätt ich aus Kriegen den zu wählen,
der mir am besten so gefällt –
1000 und mehr müßte man zählen,
die es gab auf dieser Welt –
würde ich gar nicht erst lange raten,
auch Bedenken hätt ich keins.
Ich bin Fan, Herr Oberst gestatten,
von Weltkrieg Nr. 1

Nicht, daß ich alI die guten alten
noblen Kriege bloß veracht',
diese herrlich bunten Gestalten,
die sich lümmelten in der Schlacht.
Doch diese Kavallerie-Attacken,
Lanze und Säbel, alles nicht meins –
Ich bin Fan, Herr Oberst gestatten, von Weltkrieg Nr. 1

Einige gab es, und die waren
fabelhaft lang und voller Witz –
damals Troja, doch an Jahren
länger noch die vom Alten Fritz.
Auch nach dem Dreißjährigen hatten
alle noch nicht genug davon, scheint's.
Ich bleib Fan, Herr Oberst gestatten,
von Weltkrieg Nr. 1

Ja auch die echten Heiligen Kriege
gegen die Heiden die waren gut,
all diese Kreuz- und anderen Züge,
und da floß auch sehr viel Blut.
- Sicher noch wahre Heldentaten,
da waren Gott und Gold auch noch eins.
Doch ich bleib Fan, Herr Oberst gestatten,
von Weltkrieg Nr. 1

Ein sehr gewaltiges Massaker
war auch der Weltkrieg Nr. 2:
Ganz Europa im Brandgeflacker,
war ja selber mit dabei.
Doch für uns echte Bellokraten
nur die Kopie von Numero Eins.
Ich bleib Fan, Herr Oberst gestatten,
von Weltkrieg Nr. 1

Also, Herr Oberst, wollen mal warten,
ist ja vielleicht noch gar nicht Schluß.
Wenn die Raketen erst mal starten,
kommt es zum großen Todeskuß.
Danach bleiben nur noch paar Ratten,
doch bis dahin bleib ich bei meins.
Ich bin Fan Herr Oberst gestatten,
von Weltkrieg Nr. 1.

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

gefällt mir. vor allem die letzte Strophe! :7:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am ‎25‎.‎10‎.‎2017 um 19:40 schrieb joyboyhh:

Bon, la France!

 

Bon, la France, bien compris,
savoir vivre, oui oui oui 
les allemands vont à Paris 
heidi-heido-heida haha, 
einmal sind wir da-, 
so sangen die beiden immer lauter, 
wenn sie stockbesoffen waren, 
Junker Fritz und der Fritz Krauter. 
Der Junker ritt bei den Husaren, 
roter Rock und Silberlitze. 
Schwarz im Rock macht Krauter Preise 
für Gewehre und Geschütze. 
Beide träumen von Blut und Eisen. 
Viel Soldaten, viel Granaten 
konnte man krepieren sehen, 
bei Mars la Tour und Gravelotte, 
fern bei Sedan auf den Höhen. 
Einundsiebzig wars im Märzen, 
wie man in Paris einritt, 
stockbesoffen, grad wie Kerzen, 
sangen alle Fritzen mit:

Bon, la France, bien compris,
savoir vivre, oui oui oui 
les allemands vont à Paris 
heidi-heido-heida haha, 
einmal sind wir da-, 

Röcke wechseln und die Litzen 
in anderthalb Generationen. 
Ändern tun sich nicht die Fritzen 
und die Besitzer von Kanonen. 
Oberst Fritz ritt bis zum Ende, 
feldgrau, will Paris einkreisen. 
Fritz im Frack macht Dividende, 
und er tauschte Gold für Eisen. 
Wie vom Himmel Köpfe fallen, 
Arme, Beine, Eisensplitter, 
da braust kein Ruf wie Donnerhallen 
vor Verdun im Stahlgewitter. 
Aktionäre und Obristen 
flüstern bald vom Dolchesstoß, 
stockbesoffene Stammtischfritzen, 
legten sie von neuem los:

Bon, la France, bien compris,
savoir vivre, oui oui oui 
les allemands vont à Paris 
heidi-heido-heida haha, 
einmal sind wir da. 

Volk und Führer, Blut und Boden, 
die Besitzer sind die gleichen, 
änderten sich bloß die Moden, 
die Parolen und die Zeichen. 
Hauptsturmführer Fritz trägt Litze, 
Wirtschaftsführer Fritz das Braune, 
schneller schießen die Geschütze, 
immer besser wird die Laune 
von den schnellen Blitzkriegsiegen, 
und es brennen schon die Öfen, 
die an langen Rampen liegen 
für verbrauchte Arbeitssklaven. 
Vierzig ist Paris genommen. 
Beide Fritzen kamen flugs,
ist man ins Maxim gekommen, 
sangen sie manchmal, so aus Jux:

Bon, la France, bien compris,
savoir vivre, oui oui oui 
les allemands vont à Paris 
heidi-heido-heida haha, 
diesmal sind wir da. 

Eine Generation weiter 
sind sie wieder wer, die Fritzen, 
junge Filialenleiter 
und Europaspezialisten. 
Bundeswehrmajor der eine, 
blasser Rock und sehr bescheiden. 
Fritz der Banker, trägt das Feine. 
Morgens im Büro, die beiden 
bleiben am Grab des unbekannten 
Frontsoldaten kurz mal stehen, 
mustern heimlich die Passanten, 
ehe sie dann weitergehen, 
unauffällig, und sie wenden 
sich auf die Champs Elysées, 
Aktenkoffer an den Händen, 
leise, grinsend, singen sie:

Bon, la France, bien compris,
savoir vivre, oui oui oui 
les allemands vont à Paris 
heidi-heido-heida haha,
diesmal bleiben wir da.

Europa hahaha.

 

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

sauber. auch sehr schön! :7:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die freie Republik

 

In dem Kerker saßen
zu Frankfurt an dem Main
schon seit vielen Jahren
sechs Studenten ein
die für die Freiheit fochten
und für das Bürgerglück
und für Menschenrechte
der freien Republik

Und der Kerkermeister
sprach es täglich aus:
"Sieh, Herr Bürgermeister
es reißt mir keiner aus!"
Aber doch sie sind verschwunden
abends aus dem Turm
um die zwölfte Stunde
bei dem großen Sturm

Und am nächsten Morgen
hört man den Alarm
Oh es war entsetzlich,
der Soldatenschwarm
sie suchten auf und nieder
sie suchten hin und her
sie suchten sechs Studenten
und fanden sie nicht mehr

Doch sie kamen wieder
mit Schwertern in der Hand
Auf, ihr deutschen Brüder
jetzt geht's fürs Vaterland
jetzt geht's für Menschenrechte
und für das Bürgerglück
Wir sind doch keine Knechte
der freien Republik!

wenn euch die Leute fragen:
"Wo ist Absalom?"
so dürfet ihr wohl sagen:
"oh, er hänget schon!
Er hängt an keinem Baume
er hängt an keinem Strick
sondern an dem Traume
der freien Republik!"

Fragen sie gerühret:
"will er Amnestie?"
sagt, wie sichs gebühret:
"Er gar steife Knie!
Ihm ist nichts geblieben
als ein Verzweiflungsstreich
Demokrat zu werden
für ein freies Reich!"

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

HORSTI SCHMANDHOFF 

Ihr, die Kumpanen aus demselben Viertel voller Ruß,
aus gleichen grauen Reihenhäusern und aus gleichem Guß,
mit gleicher Gier nach hellen Häusern, Rasen, Chrom und Kies,
nach schlanken Frauen, Kachelbad - Kumpanen, die ihr dies
fast alle heute habt und nur noch ungern rückwärts seht -,
wenn ihr euch trefft, per Zufall, irgendwo zusammensteht,
von neuen Dingen sprecht und über alte Witze lacht,
und einer von euch fragt:
"Wer weiß, was Horsti Schmandhoff macht?"
Kumpanen, dann, dann fällt euch ein:
Ihr wolltet mal genau wie Horsti Schmandhoff sein.

Im passenden Kostüm der Zeit, stets aus dem Ei gepellt,
hat er mit knappen Gesten eure Träume dargestellt -
der Sohn einer Serviererin, der Horsti, schmal und blond,
mit jenem Zug zum Höheren um Nase, Kinn und Mund,
am Tag, als er ins Viertel kam und abends vor der Tür
in Lederhose, weißem Hemd auf dem Schifferklavier
sein Stückchen spielte, "Bergmannsglück", und beim "Glückauf tara"
die Locke aus der Stirne warf und in den Himmel sah'
schon da, Kumpanen - fällt's euch ein? -
da wolltet ihr genau wie Horsti Schmandhoff sein.

Auch, als er dann als Fähnleinführer, Hand mit Siegelring
am Fahrtenmesser, das ganz los' als Ehrendolch da hing,
in Halbschuhen, weißen Söckchen und mit kurzem Tänzeltritt
und Wackelhintern neben seinem Fähnlein einherschritt
und bald darauf in Uniförm auf Sonderurlaub kam,
das Panzerkäppi schiefgesetzt, das Ekazwo abnahm,
es zeigte und erzählte, wie er kurz vor Stalingrad
12 Stalinorgeln, 50 Iwans plattgefahren hat,
Kumpanen, da, gesteht euch ein,
da wolltet ihr genau wie Horsti Schmandhoff sein.

Und wie er dann im Khakizeug, den Kaugummi im Mund,
mit Bürstenschnitt, als Amihelfer, rosig, dick und rund,
bei Strathmanns an der Ecke stand und an 'ner Lucky sog,
euch "Hello, Boys" begrüßte, schleppend durch das Viertel zog
und dann im schweren Ledermantel an 'nem Tresen stand,
Hut im Nacken, Halstuch lose, Bierchen in der Hand,
erzählte, wie er 42, kurz vor Stalingrad
den General Paulus in den Arsch getreten hat.
Kumpanen, da, gesteht euch ein,
da wolltet ihr genau wie Horsti Schmandhoff sein.

Auch als er später dann statt Bier nur Möselchen noch trank,
den grünchangierenden Anzug trug, mit weichem Kreppsohlengang
geschmeidig ins Lokal reinkam, am kleinen Finger schwang
der Wagenschlüssel, wenn er dann sein "hay Barbary ba" sang,
schließlich im offnen Jaguar mit Mütze, Pfeife, Schal,
ein Mädchen auf dem Nebensitz, sehr blond und braun und schmal,
im Schrittempo durchs Viertel glitt, genau vor Strathmanns Haus
mal eben bißchen Gas zugab, der rechte Arm hing raus,
Kumpanen, da, gesteht euch ein,
da wolltet ihr genau wie Horsti Schmandhoff sein.

Doch dann verschwand er, niemand wußte, wo er war und blieb,
eine Illustrierte über Ukalula schrieb.
Dort, hieß es, lebte hochgeehrt ein Weißer, und der wär
ein Häuptling ünd des Präsidenten einz'ger Ratgeber.
Da stand im Leopardenfell, den Schwanzquast an der Hand,
die Fäuste in die Hüften gestemmt und um die Stirn ein Band,
inmitten dreißig Weibern, alle nackt und schwarz und prall,
ein fetter Horsti Schmandhoff, und der lächelte brutal.
Kumpanen, da, gesteht euch ein,
da wolltet ich nochmal wie Horsti Schmandhoff sein.
 
(Dr. Franz-Josef Degenhardt)
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lullaby zwischen den Kriegen


Nimm meine Faust und wünsch dir was.
Ja, unsere Fenster sind schußsicheres Glas.
Und der galaktische General
mit den Tressen aus Milchzähnen,
den Fingern aus Stahl,
zieht sich Pantoffeln an, spielt mit E. T.
Wie lang eine Nacht langt, das weiß man nie.
Natürlich, das Mädchen ohne Beine und Hand
unter den Trümmern im Morgenland,
im Arm noch die Puppe, die Schleife im Haar,
hat nichts mehr gespürt, als es soweit war.
Ja, ich guck nochmal unter dein Bett,
ob Krümelmonster sich da nicht versteckt.
Das Fieber steigt,
das Fieber sinkt,
schlafen mußt du, mein Kind,
träumen mußt du allein, mein Kind.

Nein, das Rauschen ist nicht im Fernsehgerät,
das ist ein Flieger, der fliegt noch so spät.
Aber nein, der stürzt ganz gewiß nicht ab,
nämlich das ist der strategische Stab,
der macht einen Ausflug nach Engeland.
Nein, Stuttgart ist noch nicht abgebrannt.
Ja, Mr. Spock von der Enterprise,
der ist dabei, weil er alles weiß.
Der beamt uns vielleicht auf den grünen Planet,
wo deine Mutter am Info-Stand steht.
Die Unterschriftliste ist sicher schon voll,
dann treibt es Herr Trump nicht mehr so toll.
Das Fieber steigt,
das Fieber sinkt,
schlafen mußt du, mein Kind,
träumen mußt du allein, mein Kind.

Horch, Kind, horch, wie der Sturmwind weht.
Nein, das Lied sing ich nicht,
weil das Lied nicht mehr geht.
Wir hören uns dafür, was der schwarze Mann
in der Silberhose so lustig singt, an:
Daß morgen ganz sicher der Morgen beginnt
und Bobby Ewing doch noch gewinnt.
Ja, Max und Moritz, die beiden sind tot,
die sind zermahlen zu braunem Schrot.
Ja, Donald Duck, der hat das gefressen.
Ja, auch den bösen Wolf, den kannst du vergessen,
Micky Maus hat uns davon befreit.
Die Mainzelmännchen, die wissen Bescheid.
Das Fieber steigt,
das Fieber sinkt,
schlafen mußt du, mein Kind,
träumen mußt du allein, mein Kind.

Ja, träumen mußt du allein, mein Kind,
weil träumen hilft nur allein, mein Kind.
Komm auf die Brücke aus Knüppeln und Bast

und halte dich fest an dem stürzenden Ast.
Na, siehst du, das ging doch bis jetzt ganz gut.

Dein Dröhnen im Kopf ist dein Leben im Blut.

Hab auch keine Angst vor der engen Schlucht,

da kommen wir durch auf unserer Flucht.
Die blauen Soldaten, die reiten nicht mehr,
die haben keine Kugeln mehr für ihr Gewehr.

Ja, heute, das war der letzte Schuß,
und die roten Jäger sind schon über den Fluß.
Das Fieber steigt,
das Fieber sinkt,
schlafen mußt du, mein Kind,
träumen mußt du allein, mein Kind.

 

(nach Dr. Franz-Josef Degenhardt)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ballade vom eiskalten Bumser Pacco
Und seinem Traum von
Der big Raushole, der very big Raushole, yeah

Ja, Bumser Pacco
Vierte Terroristengeneration
Durch und durch professionell
Wenn der an die erste Generation denkt
Baadermeinhofsoweiter
An die Politsprüche, die die noch drauf hatten
Dann muß er sehr lachen.
Aber irgendwie wird er auch sentimental.
Gute alte Zeit war das damals
Gemütlich, die Dampfmaschinen-Guerilla.
Heute läuft das ganz anders
Cleaner, cooler, direkter.
Zum Beispiel die kleine Raushole letztens
Die vier Brennstäbe aus dem Atomreaktor
Das waren er und seine Truppe.
Da gab's keinen Zufall
Durchgetimed alles.
Bloß ein Nachtwächter mußte ausgeknipst werden.
Und genauso exakt, aber größer, viel größer
So wird sie abgeh'n
Die big, die big, die very big Raushole, yeah.
Die big, die big, die very big Raushole, yeah.

Ja, Bumser Pacco
Vierte Terroristengeneration
'ne Menge operatives Wissen hat der gespeichert
In seinem Kopf. Und durchtrainiert
Bei diversen Geheimdiensten
Und Guerilleros in verschiedenen Lagern.
Auch sein Gefühlsmanagement funktioniert.
Loyalitäten, Mitleid und so
Das kann er abkoppeln - jederzeit.
Und nirgendwo angebunden.
Auf eigene Rechnung
Über den freien Markt sozusagen
Und nur mit drei oder vier Leuten aus der
Ganz harten Szene
Und höchstens noch fünf in der Logistik.
Nur so, weiß er, nur so geht sie wirklich ab
Die big, die big, die very big Raushole, yeah
Die big, die big, die very big Raushole, yeah

Ja, Bumser Pacco
Vierte Terroristengeneration
Äußerlich unauffällig
Cool und gelenkig, wie aus der fröhlichen Attika-Clique
Bißchen auf GSG-9.
Und darauf wartet er: auf den richtigen Zeitpunkt
Den muß er abschätzen
Da hilft ihm niemand
Das Risiko trägt er voll
Wie'n Unternehmer oder Politprofi
Auf der obersten Ebene, da wo entschieden wird.
Zwischendurch schafft er an
Nur mit zwei Leuten
Kohle liegt ja herum in den Banken.
Emotional nimmt er sich ganz zurück.
Saufen und Mädchen und so
Das läuft bei ihm nicht.
Höchstens, daß er mal einen durchzieht
Wenn er so daliegt
In einer nackten Wohnung
Hochhaus am Stadtrand
Hellwach - aber träumt von
Der big, der big, der very big Raushole, yeah
Der big, der big, der very big Raushole, yeah

Ja, Bumser Pacco
Vierte Terroristengeneration
So soll das sein, so wird das sein
Die optimale Aktion
Das Ereignis des Jahres
Bei absoluter public control
Nicht bloß ARD, ZDF wird dabeisein
Auch BBC, ABC, ORTF und soweiter
450 Millionen am Bildschirm
Und zwar live all around the world.
Und wenn dann die Spotlights angehn
Die Helikopter kreisen
In dieser Lichtarchitektur
Über dem UNO-Building in Genf
That's the point
Dafür hat er gelebt, dafür ist er präpariert.
Und wenn dann die Lautsprecher knarzen:
Bumser Pacco
Sie sind umstellt
Geben Sie auf!
Bumser Pacco
Sie sind umstellt
Geben Sie auf!
Hier unser Vorschlag:
Wir geben freies Geleit
In ein Land Ihrer Wahl. Wir zahlen
Eine Million Dollar pro Kopf für Sie und Ihre Leute
Sie lassen dafür im Gegenzug Ihre Geiseln frei
Nacheinander
Den Außenminister der USA
Den Außenminister RUSSLANDS
Den Außenminister der BRD
Und den Ölminister der Vereinigten Emirate.
Ja, Bumser Pacco
Vierte Terroristengeneration
Durch und durch Professional
Davon träumt er
Dafür ist er präpariert, für
Die big, die big, die very big Raushole, yeah
Die big, die big, die very big Raushole, yeah

 

(Dr. Franz-Josef Degenhardt)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Franz Josef Degenhardt - Zeitzeuge Jahrgang 00 

Wenn Sie nun so auf Ihr Leben zurückblicken, Herr Kolekta, 
fragt der Reporter der Sendung Zeugen der Zeit, Jahrgang 00,
wenn Sie nun so auf Ihr Leben zurückblicken, Herr Kolekta,
würden Sie dann alles noch einmal so machen?

Der hat überhaupt nichts begriffen, der Reporter, merkt er. 
Woher auch? Der ist vielleicht grad 25, 
trägt so n Drillichanzug, Knöppken im Ohr, 
hält ihm das Mikrophon vor den Mund. 
Dabei hat er ihm alles erzählt, wie das war. 
Aber was sollen so junge Leute schon anfangen mit so Wörtern 
von alten Leuten wie
Polackensiedlung & Hordenkeile,
Kaiserwetter & Stacho  hauab,
Los, auf Maloche & Sohle 7,
Frankreichfeldzug & Trommelfeuer,
Graben aufrollen & Gasangriff,
Im Feld ungeschlagen & Steckrübenwinter,
Der hat die Motten & zechenuntauglich,
Eisenschlepper & Handkarrenhändler,
Stempelngehen & Warten und Saufen,
Bettelngehen & Klauen und Knast,
Kohldampfschieben & ein Schlag Suppe,
SA-Mann & wieder Arbeit und Brot,
Eisengießer & Arbeitsfront,
Führer befiehl, wir folgen dir,
Luftschutzwart & Fliegeralarm,
Bombenteppich & Schutt und Asche,
Volkssturmbinde & Panzerfaust,
Jabo-Angriff & Zusammenbruch,
Rheinwiesen & Gefangenschaft,
Umerziehung & Trümmerlandschaft,
Steineklopper, Besatzungshelfer,
Schwarzmarktgeschäfte & Währungsreform,
Wiederaufbau & Wirtschaftswunder,
Wiederaufrüstung & Bausparvertrag,
Doppelschichten & Arbeitsunfall,
Getränkebude & Abrißverfügung,
Na, und auf Rente & niemand mehr da,
Ein Sohn gefallen, einer Australien,
die Frau schon seit 7 Jahren unterm Rasen,
So, und dann ab ins Seniorenwohnheim.

Also, was ist, Herr Kolekta, die Frage:
Wenn Sie nun so auf Ihr Leben zurückblicken, 
würden Sie dann alles noch einmal so machen?
Nein, der hat wirklich nichts begriffen!
Wer hat denn gemacht, gemacht? Ich doch nicht.
Mit unsereinem, da wurde gemacht,
mein Herr, Herr Kollege, oder meinswegen auch: Kumpel.
Nein, der begreift's nicht.

Der begreift auch nicht, 
daß er jetzt weg ist aus dem Seniorenwohnheim, 
zurück in die alte Polackensiedlung, 
die heute Klein-Istanbul heißt;
daß er da auf dem Hof herumsitzt und auf die Kinder aufpaßt, 
auf Kemal und Gülistan, Semra und Hülja, Fatma und Zeki;
daß er schon paar Brocken Türkisch kann, 
daß er ihr Essen jetzt auch schon fast mag 
und ihre Lieder
Opa Kolekta nennen sie ihn. 
Er lacht heute manchmal laut auf, 
und wartet ganz ruhig, 
ganz ruhig auf das Ende.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Franz Josef Degenhardt - Angenommen 

Nehm' wir mal an,
ja, nehm' wir mal an,
Frankreich läge östlich vom Rhein.
Nehm' wir mal an,
ja, nehm' wir mal an,
Frankreich würde Deutschland sein.
Dann wüßten die plötzlich gar nicht mehr,
wie so eine Barrikade aussieht,
daß da nur zwei Parteien sind und
eine davor, die andre dahinter steht.
Und daß die Strategen des "sowohl als auch"
als erste da liegen mit 'ner Kugel im Bauch.

Nehm' wir mal an, 
ja, nehm' wir mal an, 
Deutschland läge östlich vom Rhein. 
Nehm' wir mal an, 
ja, nehm' wir mal an, 
Deutschland würde wieder einmal Deutschland sein. 
Dann wäre sie plötzlich wieder da, 
die ganz große Resignation. 
Jeder zög sich mal wieder zurück 
in die geschützte Privatbastion,
bejammerte mal wieder Deutschlands Schicksalsleid
und guckte nach Frankreich voller Neid.

Generalstreik, daran dächte auch keiner mehr,

weil so ein Streik ja verboten wär.



Aber nehm' wir mal an,
ja, nehm' wir mal an,
Deutschland läge westlich vom Rhein.
Nehm' wir mal an,
ja, nehm' wir mal an,
Deutschland würde Frankreich sein.

. . . aber das wär leider - trotz des scheiß Gaullismus - viel zu schön um wahr zu sein!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dunkel war's, der Mond schien helle,
Schneebedeckt die grüne Flur,
Als ein Auto blitzesschnelle
Langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute
Schweigend ins Gespräch vertieft,
Als ein totgeschossner Hase
Auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Und der Wagen fuhr im Trabe
Rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe
Grade eine Turmuhr auf.

Ringsumher herrscht tiefes Schweigen
Und mit fürchterlichem Krach
Spielen in des Grases Zweigen
Zwei Kamele lautlos Schach.

Und auf einer roten Bank,
Die blau angestrichen war
Saß ein blondgelockter Jüngling
Mit kohlrabenschwarzem Haar.

Neben ihm 'ne alte Schachtel,
Zählte kaum erst sechzehn Jahr,
Und sie aß ein Butterbrot,
Das mit Schmalz bestrichen war.

Oben auf dem Apfelbaume,
Der sehr süße Birnen trug,
Hing des Frühlings letzte Pflaume
Und an Nüssen noch genug.

Von der regennassen Straße
Wirbelte der Staub empor.
Und ein Junge bei der Hitze
Mächtig an den Ohren fror.

Beide Hände in den Taschen
Hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
Wie nach Veilchen roch die Kuh.

Und zwei Fische liefen munter
Durch das blaue Kornfeld hin.
Endlich ging die Sonne unter
Und der graue Tag erschien.

Dies Gedicht schrieb Wolfgang Goethe
Abends in der Morgenröte,
Als er auf dem Nachttopf saß
Und seine Morgenzeitung las.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Your link has been automatically embedded.   Display as a link instead

×   Your previous content has been restored.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...